Bräuche

Fast alle Thelemiten führen eine Aufzeichnung ihrer persönlichen Übungen und ihres Fortschrittes darin in einem „Magischen Tagebuch“. Die meisten Thelemiten praktizieren ebenso vier Mal am Tag eine besondere Form des Gebets, die in einem Werk namens Liber Resh vel Helios genau angegeben wird. Dieses Werk ist im Buch 4 (Liber ABA) enthalten.
Thelemiten nehmen oft mystische Namen oder ein „Magisches Motto“ für sich selbst als Zeichen ihrer Verpflichtung an und grüssen sich üblicherweise mit der Phrase „Tu was du willst, soll sein das Ganze vom Gesetz“, worauf die gebräuchliche Antwort „Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen“ ist. Manchmal werden diese Sätze durch den schlichten Ausspruch der Zahl „93“ abgekürzt, diese Zahl bezeichnet sowohl „Wille“ als auch „Liebe“ in einer bestimmten Art der Numerologie, die innerhalb von Thelema von Bedeutung ist.
Die meisten Thelemiten üben magische Rituale der verschiedensten Arten aus, oft als eine Methode um ihren Willen auf ein gegebenes Ergebnis oder einen Bewusstseinszustand zu fokussieren, der für ihre Arbeit als notwendig erachtet wird. Manche Thelemiten üben nur einzeln Rituale aus, viele jedoch nehmen auch an privaten oder öffentlichen Gruppenritualen teil. Gruppenrituale, die gemeinhin vollzogen werden, umfassen die Einweihungsrituale und die Gnostische Messe des O.T.O. sowie Crowleys Eleusische Riten.
Obwohl jeder Thelemit das Liber Al vel Legis für sich selbst auslegen muss, gilt für die meisten Thelemiten (in Einklang mit Crowleys Auslegungen), dass jede Person einen göttlichen Wahren Willen hat und dass, wenn jeder seinen Willen kennen und ausüben würde, Harmonie herrschen würde. Da wir jedoch alle erst dabei sind, unsere eigenen Wahren Willen zu entdecken, gibt es manchmal Konflikte. Für viele Thelemiten ergibt sich hieraus eine praktische Ethik der Nichteinmischung: Sich zu vergehen an dem Willen und der Freiheit eines anderen ist demgemäß am wahrscheinlichsten in Missklang mit dem eigenen Wahren Willen.
Als Ergebnis teilen die meisten Thelemiten und thelemischen Gemeinschaften diese Ethik von Harmonie und Nichteinmischung, und vermeiden die Anmaßung, dass irgendjemand den Wahren Willen eines anderen besser kennen könnte als dieser ihn selbst kennen kann. Dies begünstigt eine Umwelt gegenseitiger Achtung und Vertrauens, und ermutigt jeden einzelnen, seinen eigenen Weg des Wahren Willens zu entdecken, anstatt sich auf die Leitung anderer zu verlassen.