Liber Tzaddi

LIBER TZADDI
VEL HAMUS HERMETICUS

SUB FIGURA XC

A∴ A∴ Veröffentlichung in Klasse A
Imprimatur:
N. Fra A∴A∴

 

  1. Im Namen des Herren der Initiation, Amen.
  2. Ich fliege und gehe nieder wie ein Falke: aus Smaragdmutter sind meine weit ausgebreiteten Schwingen.
  3. Ich stoße auf die schwarze Erde, und sie freut sich zu Grün über mein Kommen.
  4. Kinder der Erde! Freuet Euch! Freuet Euch über alle Maßen, denn eure Erlösung ist nahe.
  5. Das Ende des Leidens ist gekommen; ich will euch hinwegreißen in meine unaussprechliche Freude.
  6. Ich will euch küssen und euch zur Hochzeit führen: ich will vor euch ein Festmahl ausbreiten im Hause der Glückseligkeit.
  7. Ich bin nicht gekommen, euch zu tadeln oder euch zu versklaven.
  8. Ich bitte euch nicht, von euern wollüstigen Wegen, von eurem Müßiggang und von euren Torheiten abzustehen.
  9. Aber ich bringe euch Freude zu eurem Vergnügen, Frieden zu eurer Trägheit, Weisheit zu eurer Torheit.
  10. Alles, was ihr tut, ist richtig, falls es so ist, daß ihr es genießt.
  11. Ich bin gekommen gegen Leid, gegen Überdruß, gegen die, die euch zu versklaven suchen.
  12. Ich schenke euch reinigenden Wein ein, der euch Freude schenkt sowohl beim Aufgang wie beim Untergang der Sonne.
  13. Kommt mit mir, und ich will euch alles geben, das begehrenswert ist auf Erden.
  14. Weil ich euch jenes gebe, von dem die Erde und ihre Freuden nur wie Schatten sind.
  15. Sie entfliehen, doch meine Freude bleibt bis ans Ende.
  16. Ich habe mich hinter einer Maske verborgen: ich bin ein schwarzer und schrecklicher Gott.
  17. Mit dem Mut, der die Furcht besiegt, sollt ihr mir nahen: ihr sollt die Häupter auf meinen Altar legen und den Streich des Schwertes erwarten.
  18. Doch der erste Kuß der Liebe soll auf euren Lippen strahlen; und meine Dunkelheit und mein Schrecken sollen sich in Licht und Freude kehren.
  19. Nur jene, die sich fürchten, sollen versagen. Jene, die ihren Rücken dem Joch der Sklaverei gebeugt haben, bis sie nicht mehr länger aufrecht stehen können, sie will ich verachten.
  20. Aber euch, die ihr dem Gesetz getrotzt habt, die ihr durch Gewandtheit oder Kraft gesiegt habt, eurer will ich mich widmen, ich will sogar Gefallen an euch finden.
  21. Ich bitte euch, nichts an meinem Altar zu opfern; ich bin der Gott, der alles gibt.
  22. Licht, Leben, Liebe; Kraft, Fantasie, Feuer; diese bringe ich euch. meine Hände sind gefüllt mit ihnen.
  23. Freude ist beim Aufbruch, Freude ist auf der Reise, Freude ist am Ziel.
  24. Nur falls ihr bekümmert oder überdrüssig oder ärgerlich seid oder euch unbehaglich ist, dann mögt ihr wissen, daß ihr den goldenen Faden verloren habt, den Faden durch den ich euch führe ins Herzen der Haine von Eleusis.
  25. Meine Jünger sind stolz und schön; sie sind stark und schnell, sie lenken ihre Pfade wie mächtige Eroberer.
  26. Die Schwachen, die Furchtsamen, die Unvollkommenen, die Feigen, die Armen und Tränenreichen — diese sind meine Feinde, und ich bin gekommen, sie zu zerstören.
  27. Auch dies ist Mitleid: ein Beenden der Krankheit der Erde. Ein Ausreißen des Unkrauts: ein Wässern der Blumen.
  28. O meine Kinder, ihr seid schöner als die Blumen; ihr müßt nicht vergehen zu eurer Zeit.
  29. Ich liebe euch; ich möchte euch mit dem heiligen Tau der Unsterblichkeit benetzen.
  30. Diese Unsterblichkeit ist keine leere Hoffnung jenseits des Grabes: ich biete euch das gewisse Bewußtsein der Wonne an.
  31. Ich biete es euch sogleich, auf der Erde noch; ehe die Uhr eine weitere Stunde geschlagen hat, sollt ihr mit Mir sein in den Gefilden jenseits des Verfalles.
  32. Auch gebe ich euch irdische Macht und irdische Freude; Reichtum und Gesundheit und Länge eurer Tage. Anbetung und Liebe sollen sich an eure Füße klammern und sich um euer Herz schlingen.
  33. Nur eure Münder sollen von einem köstlichen Wein trinken — dem Weine des Iacchus; sie sollen sich immer nach dem himmlischen Kuß des Schönen Gottes spitzen.
  34. Ich enthülle euch ein großes Mysterium: ihr steht zwischen dem Abgrund der Höhe und dem Abgrund der Tiefe.
  35. In jedem der beiden erwartet euch ein Gefährte, und jener Gefährte seid ihr selbst.
  36. Ihr könnt keinen anderen Gefährten haben.
  37. Viele haben sich erhoben, die weise waren. Sie haben gesagt: „Sucht nach dem glanzvollen Bildnis am immer goldenen Ort und vereinigt euch mit Ihm.“
  38. Viele haben sich erhoben, die Toren waren. Sie haben gesagt: „Bückt euch zu der finster ruhmreichen Welt und seid vermählt mit dem Blinden Wesen aus Schleim“.
  39. Ich, der jenseits von Weisheit und Narrheit ist, erhebe mich und sage euch: führt beide Vermählungen aus! Vereinigt euch mit beiden!
  40. Hütet euch, hütet euch, sage ich, daß ihr nicht nach dem einen sucht, und das andere verliert!
  41. Meine Adepten stehen aufrecht; ihr Kopf über den Himmeln, ihre Füße unter den Höllen.
  42. Da aber einer von Natur zum Engel, der andere zum Dämon hingezogen wird, soll der erste die niedere Verbindung stärken, der andere mehr der höheren anhaften.
  43. So soll das Gleichgewicht vollkommen werden. Ich will meinen Jüngern helfen; so schnell wie sie diese ausgewogene Kraft und Freude erreichen, um so schneller will ich sie antreiben.
  44. Sie sollen ihrerseits von diesem Unsichtbaren Thron sprechen; ihre Worte sollen die Welt erleuchten.
  45. Sie sollen die Meister der Majestät und der Macht sein; sie sollen schön und freudig sein; sie sollen mit Sieg und Pracht bekleidet sein; sie sollen auf der festen Grundlage stehen; und ihrer soll das Reich sein; ja, ihrer soll das Reich sein.

 

Im Namen des Herren der Initiation. Amen.

Translation © 1996 Axel M. Gruner for Makhashanah Lodge O.T.O.