Der Ritus von Sol

Die Offiziere des Tempels:

SOL Leopardenfell, weiß-goldene Nemyss über einer weißen Robe, Speer
ARIES Weiße Robe, Speer
LEO Rote Robe, Speer
SATAN-TYPHON Violette Robe
SCORPIO-APOPHIS Grüne Robe
BESZ Schwarze Robe
VIER PROBATIONIERE

Szene——-SOL thront im Osten; hinter ihm ist ein schwarzer Schleier, welcher ein großes scharlachrotes Kreuz verbirgt. Vor ihm ist ein zweiter Schleier. Ihm stehen ARIES zu seiner Rechten und LEO zu seiner Linken bei. Die anderen Offiziere sind außerhalb des Tempels, wartend. Bei einer öffentlichen Darbietung teilt ein dritter Schleier den Tempel und die Gemeinde.

LEO: teilt den äußersten Vorhang und, sich nähernd, rezitiert er den Chorus aus „Atalanta in Calydon“:

Bevor die Jahre entstanden
Kam bei der Erschaffung des Menschen
Zeit, und das Geschenk der Tränen;
Kummer, und ein rinnendes Stundenglas;
Vergnügen, mit Schmerz gemischt;
Sommer, mit gebrochenen Blumen;
Erinnerung, die vom Himmel fällt,
Und Verrücktheit, die aus der Hölle ersteht;
Stärke, ohne Hände, die zuschlagen;
Liebe, die atemlos ist:
Nacht, der Schatten des Lichtes,
Und Leben, der Schatten des Todes.
Und die hohen Götter nahmen in ihre Hände
Das Feuer und die fallenden Tränen,
Und ein Maß des gleitenden Sandes
Aus den Fußstapfen der Jahre;
Und das Schäumen und Driften der See;
Und Staub der arbeitenden Erde;
Und die Körper der Dinge, die sind
In den Häusern des Todes und der Geburt;
Und gearbeitet mit Weinen und Lachen,
Und ausgestattet mit Abscheu und Liebe;
Mit Leben vorher und nachher
Und Tod darunter und darüber,
Doch durch einen Tag und eine Nacht und ein Morgen
Hetzt ihr atemlos nach einer Spanne Zeit
Mit Mühen und schweren Sorgen und
Dem Heiligen Geist des Menschen.
Von den Winden des Nordens und des Südens
Kamen sie zusammen als wollten sie streiten;
Sie hauchten über seinen Mund,
Sie füllten seinen Körper mit Leben;
Augenlicht und Sprache geben sie
Der Schleier der Seele wegen,
Eine Zeit für Arbeit und zum Nachdenken,
Eine Zeit zu Dienen und zu Sündigen;
Sie gaben ihm Licht auf seinen Wegen,
Und Liebe, und Raum zu genießen,
Und Schönheit und lange Tage,
Und Nächte, und Schlaf in der Nacht.
Seine Rede ist ein brennendes Feuer;
Mit seinen Lippen müht er sich ab;
In seinem Herzen ist ein blinder Wunsch;
In seinen Augen die Vorahnung des Todes;
Er webt, und ist mit Hohn gekleidet;
Er sät, und wird nicht ernten;
Sein Leben ist ein Blick oder eine Vision
Zwischen einem Schlaf und einem anderen Schlaf.

Er kehrt zurück. Eine Pause.

ARIES: 333-333.
LEO: 333-333.
ARIES: Bruder Leo, an welchem Platz befinden wir uns?
LEO: Es ist der Tempel der Sonne auf dem Berge Abiegnus!
ARIES: Bruder Leo, welche Stunde hat geschlagen?
LEO: Sonnenuntergang.
ARIES: Es ist die Stunde des Opfers.
LEO: Bruder Aries, was ist das Opfer?
ARIES: Es ist vor mir verborgen.

Stille

SOL: 1-22-22-1.
ARIES: Horch! Es ist der Ruf des Königs.
LEO: Es ist der Herr des Himmels, der die Kinder des Lichts erweckt.

Sie öffnen den Schleier – volles Licht – und knien.

ARIES: Laß uns den Einen Erhabenen verehren!
LEO:
Leben des Lebens, entzünde mit deinen Lippen
Und ihrer Liebe den Atem zwischen ihnen;
Und dein Lächeln verschwindet
Und die kalte Luft wird zu Feuer; verführe sie
Mit diesen Blicken, wobei die, die in sie starren
Mutlos werden, verloren in ihrem Labyrinth.

Kind des Lichtes! Deine Gelenke brennen
Durch das Gewand, welches sie scheinbar verbirgt;
Wie die Sonnenstrahlen des Morgens
Durch die Wolken stoßen, wird es geteilt
Und diese heiligste Atmosphäre
Verhüllt dich, wo immer du scheinst.

Schön sind die Anderen; keiner sieht dich an,
Aber deine Stimme ist leise und sanft
Wie die der Schönsten, aber sie verhüllt
Dein Angesicht, diesen kristallenen Glanz,
Und alle fühlen, denn sie sehen dich nie,
Wie ich jetzt fühle, ewig verloren!

Licht der Erde! Wo immer du gehst
Sind die trüben Schatten mit Helligkeit gekleidet,
Und die Seelen derer, die du liebst
Wandeln auf Winden mit Leichtigkeit,
Bis sie scheitern, wie ich scheiterte,
Verwirrt, verloren, aber nicht trauernd!

ARIES: Heil sei Dir, O du, der du erhaben bist in deiner Stärke,
der du über den Himmel reisest in deiner Barke im Glanz des Mittags!

ARIES und LEO nehmen ihre Throne ein. Ein PROBATIONIER rezitiert die Zwölffache Lobpreisung Gottes aus Liber 963. [A.d.Ü.: Sternzeichen Löwe]

SCORPIO-APOPHIS tritt ein, gekleidet in eine hauchdünne weiße Robe, ihr Haar in Unordnung. ARIES und LEO erheben und verbeugen sich.

ARIES: Heil dir! Woher kommst du?
SCORPIO-APOPHIS: Von dem Haus Gottes.
ARIES: Was bringst du unserem Herrn als Gabe?
SCORPIO-APOPHIS: Das Haus Gottes ist gefallen. Es ist nichts übrig darin.
Deshalb bringe ich nichts außer mich selbst.
LEO: Laß sie uns verbrennen auf dem Altar des Brandopfers.
SCORPIO-APOPHIS: Aber im Feuer würden meine Tränen austrocknen;
und diese Tränen sind mein Opfer für den Herrn.
LEO: Laß sie uns den geheiligten Krokodilen vorwerfen.
SCORPIO-APOPHIS: Aber im Wasser würde mein Herz abgekühlt;
und dieses Herz ist mein Opfer für den Herrn.
LEO: Laß sie uns von dem Wachturm der Stille in die Winde werfen.
SCORPIO-APOPHIS: Aber im Wind würden meine Hymnen nicht gehört werden;
und diese Hymnen sind mein Opfer für den Herrn.
LEO: Laß sie uns im heiligen Berg begraben.
SCORPIO-APOPHIS: Aber in der Erde würden die Würmer mein Fleisch zerfressen; und
dieses Fleisch ist mein Opfer für den Herrn. Oh Herr, laß deine Diener
zu ihren Thronen zurückkehren, damit ich dich verehren kann, so wie ich will.

ARIES und LEO kehren zu ihren Thronen zurück.
SCORPIO-APOPHIS spielt ihre leidenschaftliche Melodie, ihre verführerische Melodie, ihre verzweifelte „Venus in Tannhäuser“-Melodie [Liebestod von Tristan und Isolde: Wagner]. Sie umklammert die Füße und Knie von SOL, doch er gibt kein Lebenszeichen.
Am Schluß erheben sich LEO und ARIES von ihre Thronen – eine Pause.

ARIES: laut 333-333.
LEO: lauter 333-333.
ARIES: Die Stunde des Opfers ist vorbei.
SCORPIO-APOPHIS: Die Stunde des Opfers ist gekommen.
LEO: Das Opfer wird nicht angenommen.
SCORPIO-APOPHIS: Das Opfer wird angenommen.
ARIES: Weiche von uns, du unreines Ding!

ARIES und LEO heben sie hoch und marschieren aus dem Tempel, ARIES führt, LEO folgt ihr. ARIES und LEO betreten den Tempel wieder und nehmen ihre Throne ein – eine Pause.

ARIES: 333-333.
LEO: 333-333.
ARIES: Bruder Leo, dies ist ein übles Omen.
LEO: Bruder Aries, dies ist in der Tat ein übles Omen.
ARIES: Es wird heute kein Opfer mehr geben.
LEO: Es wird kein Opfer mehr geben heute.
ARIES: Die Sonne ist schon am untergehen.
LEO: Die Nachtvögel sind schon unterwegs.
ARIES: Die Dunkelheit wächst.
LEO: Der Pfad ist zu steil und gefährlich für irgendwelche Pilger, um hierher zu gelangen.
ARIES: Es gibt keinen Mond diese Nacht.
LEO: Ich glaube, es wird regnen.
ARIES: Laß uns den Schrein schließen.
LEO: Die Sonnenscheibe ist noch nicht ganz verfinstert.
ARIES: Aber jetzt kann kein Pilger kommen.
LEO: Es kann nun kein Pilger kommen. Aber es ist die Vorschrift des Tempels, daß der
Schrein offen ist bis zum letzten Funken Sonnenlichtes.
ARIES: Bruder Leo, ich bitte, daß du den Schrein mit mir schließt.
LEO: Es kann nicht sein.
ARIES: Bruder Leo, ich kenne die Regel. Aber dadurch wird sicherlich Böses über uns kommen.
LEO: Bruder Aries, das Gesetz sollte nicht gebrochen werden.
ARIES: Bruder Leo, das Gesetz ist so gemacht, daß der Weise es brechen sollte, wenn dies notwendig ist.
LEO: Bruder Aries, in meinem Herzen ist Treue – Treue – Treue.
ARIES: Bruder Leo, ein Gott hat in mein Ohr geflüstert: es ist Torheit – Torheit – Torheit.
LEO: In einem Augenblick wird die Sonne untergegangen sein: und kein Pilger wird heute abend kommen.
ARIES: Keine Pilger können heute abend kommen.
LEO: Es wird kein weiteres Opfer geben.
ARIES: Es wird kein weiteres Opfer geben.

SATAN-TYPHON, SCORPIO-APOPHIS und BESZ treten leise in einer Prozession ein. Das Licht wird augenblicklich gedämpft.

ARIES: Heil, Brüder! Seid ihr gekommen, um die Pracht der Sonne zu verehren?
SATAN-TYPHON: Wir sind gekommen, um zu opfern.
ARIES: Welche Gaben bringt ihr?
BESZ: Tanz.
SCORPIO-APOPHIS: Musik.
SATAN-TYPHON: Schweigen und Stille.

Er wirft sich nieder und bleibt regungslos. SCORPIO-APOPHIS verbeugt sich vor SOL und spielt eine Anbetung. [Romanze: Max Bruch] BESZ tanzt dreimal in Anbetung. SATAN-TYPHON erhebt und verbeugt sich.

ARIES: Woher kommt ihr, Brüder?
SATAN-TYPHON: Von dem Wohnort der Sonne.
ARIES: Wer seid ihr, Brüder?
SATAN-TYPHON: Ich bin der Zwillingsbruder der Sonne.
SCORPIO-APOPHIS: Ich bin die Geliebte der Sonne.
ARIES: zu BESZ Aber wer bist du, Bruder?

BESZ beginnt zu stammeln.

LEO: Wer bist du?

Sie bedrohen ihn mit ihren Speeren. BESZ duckt sich vor Entsetzen und schleicht westwärts.

SATAN-TYPHON: Ich hätte gerne mit meinem Bruder, der Sonne, gesprochen.
ARIES: Es ist gut.
LEO: Es ist nicht gut. Darin liegt eine Gefahr für meinen Herrn.

Er versperrt den Weg.

ARIES: Sprache kann unserem Herrn nicht schaden.
LEO: Bruder, wenn du wirklich unser Bruder bist, was willst du sagen?
SATAN-TYPHON: O Sonne, mein Bruder, ist es dein Wille, daß ich mit dir rede? Denn ich
lag mit dir neun Monate lang im Schoß unserer Mutter; denn wir haben
geliebt, wie niemand geliebt hat; denn ich bin enger mit dir verbunden als
Licht und Dunkelheit, oder als Leben und Tod!
SOL: 22-1-1-22.

LEO gibt den Weg frei und kehrt zu seinem Thron zurück, sehr traurig. SATAN-TYPHON nähert sich SOL, und ARIES schließt den Schleier über ihnen. BESZ springt auf und rennt geduckt weg. Die Lichter gehen aus. SCORPIO-APOPHIS spielt eine Schlangenmelodie. [Andante Religioso: Thomé]

LEO rezitiert:

Sterbliche lernen nie aus Geschichten –
Wie Katastrophen entstanden;
Wie über des Sieges Jubel
Und den Trompeten und Trommeln
Und den Schreien von Millionen: „Meister!“
Der Schatten des Unheils lauert.

Manche Stunde sagt ein Mensch:
„Letztlich ist Dieses vernichtet und tot.“
Bei manchem Umstand: „Zu guter Letzt
Ist Jenes, und seine Nachwirkung, vorbei.“
Bei manchem Schrecken – der schlaue Feind!
„Ich habe ein Gespenst erschlagen.“

Sie wissen nicht, lernen nicht, können nicht ermessen
Wie subtil das Schicksal sein
Feines Netz spinnt, ohne zu erkennen, wann sie warten müssen;
Oder wie sie die Kleinigkeiten anhäufen
Die ihnen die Bewältigung ermöglichen
Obwohl die starke Seele ihr eigenes Vergessen befahl.

Ein dämmriges rotes Licht scheint. BESZ tritt ein, vier PROBATIONIERE führend, die den Pastos bringen. Sie plazieren ihn vor dem Altar.

ARIES: Was ist diese Gabe?
BESZ: Der Fleischfresser ist mein Name.
ARIES: Oh, unser Herr, unser Herr! Erhebe dich in deiner Stärke, und laß deine Feinde vernichtet sein.

ARIES und LEO ziehen den Schleier. Der Thron ist zerstört worden. Auf dem schwarzen Vorhang befindet sich ein großes rotes Kreuz, auf dem SOL gekreuzigt worden ist. Vor ihm steht SATAN-TYPHON im Zeichen von APOPHIS und TYPHON. ARIES und LEO fallen wie erschlagen. SCORPIO-APOPHIS spielt eine Mordmelodie [Mort d’Adonis: Waddell]
Währenddessen nähern sich die PROBATIONIERE, und unter der Anleitung von TYPHON, der SOL in der geeigneten Weise mit dessen Speer sticht, nehmen sie SOL vom Kreuz und legen ihn in den Pastos. Sie bedecken ihn. BESZ tanzt seinen brutalen, dämonischen Tanz auf dem Deckel des Sarges. Exeunt OMNES exc. SOL.
Dies endet in vollkommener Finsternis. – Stille.

Es gibt einen Lichtblitz, und die Bühne wird leer gezeigt. Nur ein Schimmer bleibt. Jetzt stiehlt sich SCORPIO-APOPHIS auf die Bühne und spielt eine langsame, geheime Melodie [Canzonetta: D’Ambrosio]. Die roten Lichter werden heller. Sie deckt den Leichnam auf und umarmt ihn. Dann bedeckt sie ihn wieder, geht zum Thron und setzt sich selbst darauf. Das grüne Licht glimmt auf und wird heller und heller, während das rote Licht schwindet und ausgeht.

SCORPIO-APOPHIS: 7777777.

Die PROBATIONIERE und die anderen Offiziere treten ein, aufrecht.

SCORPIO-APOPHIS: Kinder, stellt euch vor mir auf und betet mich an zu meinen Füßen.
ARIES: Unser Herr ist erschlagen. Und wer bist du, daß du dir seinen Thron anmaßt?
LEO: Unser Herr ist erschlagen. Und wer bist du, daß du dir seinen Thron anmaßt?
SCORPIO-APOPHIS: Ich bin die Mutter der Götter und die Schwester
der Zeit und die Tochter des Raumes.
Ich bin die Natur, die die Herrschaft übernimmt,
wenn die Anstrengung des Menschen erschöpft ist…
… Bruder Leo, ich bin die Göttin, die auf dem
Löwen reitend, erscheint. Siehe! Ich schlage dich
mit diesem Stab, und inspiriere dich.
Ich befehle dir, mich der Menge zu erklären.

LEO:
Siehe! Im interstellaren Raum der Nacht
Mit tiefer Dunkelheit bekleidet, enthalten die majestätischen
Räume den Aufgang der Götter und des Lichtes,
Zitternd vor den leidenschaftlosen bleichen Gesichtern
Auf dem Altar in außerordentlicher Pracht, einsam.
Die sich wölbenden Himmel in düsterm Lauf
Warten auf den Anblick und die Stunde der Geburt
In Stille hinter dem diamantenen Horizont.

Ich erhob mich in Pracht, schaumgeboren.
Die Blumen der See entfalteten sich, hoben mich auf
Dorthin, wo sich des Sonnenaufgangs Rose aus seinem Perlenhain erhebt,
Und die Himmel lachten, und die Erde: Mein altes Gefängnis,
Die Ozeane, die unter den mächtigen Domen liegen,
Scheinen in meinem Glanz. Das erste Licht berührte
Die Erde mit Bündeln von feurigem Tau,
Und ich schaute auf und rief: „Es ist der Tag!“

Die Sterne sind Tautropfen auf meinem Busen;
Die Sonne und der Mond sind Blicke durch meine Wimpern,
Lange, zarte Strahlen der Nacht; Mein geheimes Gesicht
Brennt durch den Himmelsstaub, leuchtet auf, weitet sich und blitzt
Mit feierlicher Freude und Lachen der Liebe: Sei schnell,
O Geist des Menschen, wenn du dich zu mir erhebst!

Die Morgendämmerung schmilzt wie Feuer mein Entzücken
Von den zarten Blumen und dem Wohlgeruch meiner Haare!
Sonnenuntergang befiehlt all meines Körpers Licht sich zu verdunkeln,
Seine Musik mit den traurigen Zärtlichkeiten der
Ganzen Welt zu mischen: Ich taumle in flügellosem Flug
Durch unbeleuchtete Räume, die sternenlose Wildnis!
Jenseits der Windungen des fließenden Universums,
Da ist der Schrein und das Bild meiner Seele.

Ich bin Natur und Gott: Ich regiere, Ich bin, Allein.
Die Anderen bleiben nicht getrennt: Sie gehen zugrunde,
Angelockt von mir, in mein wachsendes Sein.
Da ist kein anderer Busen, zu ertragen, zu nähren,
Zu sein: Das Herz unterhalb meiner Zone
Von Blau und Gold, ist scharlachhell, und hegt
Meines eigenen Lebens Sein, welches ist, und kein anderes;
Denn ich bin Gott und Natur und seine Mutter.

Ich bin die tausendbrüstige, milchbeladene Braut,
Auch jungfräulich: Tartarus und Gaia
Als Zwillinge in meinem Leib, und Chaos von meinen Brauen
Beschämt zurückgewichen, meine Schwester dunkel und schrecklich,
Mutter von Erebus und Nacht, die pflügt,
Mit Sternsandalen an den Füßen, die Felder des Feuers;
Meine Schwester taumelte und fiel, das infernalische Glühen
Wird zum heißen, süßen Schatten meines Leibes.

Ich bin: die fremde Dunkelheit, die verbirgt.
Mit Sonnenaufgang gegürtet und mit Rosen geräuchert;
Das tiefe, dämmerige Gefängnis von Korn und Wein,
Blumen, Kindern, Sternen, mit unergründlichem Glühen
Formlos, All-durchdringend, Todesmutig, Göttlich,
Eine süße, schwache Lampe, deren Schatten glüht und
Keine Dunkelheit zeigt, ist, wie Licht ist, wenn es scheint,
Gekreuzt, verwebt, und mit dem Licht des Tages vermählt!

Ich bin: das Herz, das sich am innersten Ich entflammt,
Sucht alles Leben, und nimmt erneut, um seine Passion
Mit meiner Macht und Majestät zu verbinden,
Bis die ungeheuren Fluten des menschlichen Seins klingen
Und brennen, selbstverloren in meiner Seele und dem See
Der Liebe, die Sonne des äußersten Lichtes, und ein
Scharfes, vielgeädertes Herz: Unsere Lippen und Küsse vermählen
Sich, und träumen auf unseren unsterblichen Seligkeiten.

Ich bin: Die Größte und die Letzte: Das einzige
Und getreue Leben der Dinge. Die mächtigen Erhebungen
Der Welten sind meine zuckenden Nerven. Zweige und Äste
Der Wälder schwanken in tiefer Wildnis:
Sie sind die Haare meines Körpers. Flüsse fließen um
Eine Träne in meinen süßen Zärtlichkeiten hervorzubringen,
Wenn ich auf mir ein Kind empfange,
Ein System von tausenden Sternenhaufen!
Ich bin: Letztendlich die Größte: Das zerbrechliche Leben
Irgendeines kleinen Koralleninsektes mag erzittern
In Liebe zu mir, und mich Königin und Weib nennen;
Die scheue Pflanze des Wassers mag seine Liebe heucheln
Unter der glitzernden Oberfläche; Erwidere Zank und Streit
Und sein ganzes kleines Leben zerbröselt unter meinem
Rauhen und kriegerischen Ehefrauen-Kuss,
Sein Schmerz soll brennen, verändern, und Seligkeit sein!

Ich bin: Kein Wort neben diesem Einen feierlichen Wort
Regiert im Königreich der Töne um meinen Rang auszudrücken,
Dieses, gekleidet und gekrönt mit Sonnen jenseits der Sonne,
Birgt Thalassian in der mächtigen Brust aus Schaum,
Trägt auf meinem Busen reiche Fülle,
Jungfrauen, die nie verblühenden Rosen der Schöpfung!
Das ganze Blumenleben der Erde und der Himmel und die See
Wurde von mir geboren, und soll zu mir zurückkehren!

Ich bin: Für Männer und Geschöpfe leidenschaftlich,
Für mich selbst gelassen, wie der Fluß-teilende
Lotos-geborene Herr der Stille: ich erschaffe
Oder zerstöre, Beides aufgehoben in meinem Busen:
Mein kleinster Blick ist die Mutter des Schicksals:
Meine Finger, saphirberingt mit dem Himmel, weben
Immer neue Blumen und Wiesen des Lebens, erschaffen
Edler und Neuer in meinem Alten Geist.

Ich bin: Ich bin nicht, aber all-verändernd bewegen sich
Die Welten zu einer goldenen Leiter,
Spiralförmig oder heliozentrisch, frische Brisen der Liebe
Füllen die Sphären mit der Freude, die aus anderen Sphären wuchs;
Alle Tore führen weit nach oben.
Auch wenn sich die glänzenden Windungen der smaragdenen Natter
Aufwärtsschlängeln in der Herrlichkeit des Sonnenlichtes,
Klettern meine Kinder zu mir auf dem Steilhang der Zeit.

Ich bin: Vor mir sind alle Jahre tot,
Und all die feurigen Locken des Sonnenaufganges, gewebt in
Das Gold und Scharlach meines Hauptes:
In mir sind alle Himmel und Ozeane erschüttert und geteilt:
Alles Leben und Licht und Liebe sind über mir ausgegossen:
Empfangen in mir, in meinen ständigen Bewegungen,
Wie alle meine Tränen: Alle Welten, die immer wie Tau von Küssen
Auf meinen Lippen schwammen: Ich bin.

Sie zieht LEO hinauf zu sich. Die anderen knien in Anbetung. SCORPIO-APOPHIS spielt ihre sanfte, wollüstige Melodie. [Romanze: Saint Saens]

ARIES: Bruder Leo, welche Stunde hat geschlagen?
LEO: Der Abendstern ist aufgegangen.
ARIES: Das Opfer ist vollbracht.
LEO: Was ist das Opfer?
ARIES: Der Mann.
LEO: Wer ist die Priesterin?
ARIES: Die Frau.
LEO: Welchen Gottes?
ARIES: Es ist vor mir verborgen.
LEO: Laß jeden Mann in sein Haus zurückkehren.
ARIES: 1-333-1-1.
LEO: 1-333-1-1.
SCORPIO-APOPHIS: 1-1-333-1.

Text übersetzt von N.N. ; Allala Oasis, Mai 1991 e.v.
Gedichte übersetzt von Fra. Sobek-Râ; HET MUT Oasis