Ein Stern in Sicht

Deine Füße im Morast, Dein Haupt in Finsternis,
Oh Mensch, wie erbärmlich deine Lage ist,
Die Zweifel die entmutigen, die Übel sie verzehren,
Du spürst weder Freude, noch den Willen zum Kampf –
Woher die Hoffnung im Herzen oder der Lohn im Werk?
Kein Stern in Sicht!

Deine Götter, vom Priester vorgeführte Marionetten.
„Wahrheit? Alles relativ!“ So stöhnt selbst die Wissenschaft.
In Fesseln unlösbar mit deinem Bruder dem Tier,
Liebe dich nur quälte, so Hoffnung Liebe starb.
Und Liebes Glauben moderte. Leben kaum noch sichtbar
Trübe dunkelt der Stern.

Dein schauderndes Aas sich duckte und kroch
Zu finden sich wie Zufalls Klumpen Wurf
Sein Schmerz war zwecklos, entsetzlich
Ziellos dieser Zufall, wie er sich schleppt.
Sein Leid unendlich, dieser leere Himmel ausgebreitet
Übers öde Jammertal!

Alle Seelen ewig bleiben
Jeder Mensch, zuhöchst
Vollendet – jeder webt aus sich das zart‘ Gespinst
Aus Verstand und Fleisch, so feiern sie
Mit manchen Masken beide, ihr zärtliches Begegnen
Unersättlich

Trunkenbolde einige, vernarrt in einen Traum
Verzweifelt wissend er wird sterben, ein Irrtum
Sich selbst zu sehen als das eigene Schattenreich.
Ein Stern kann sie zum wachsein rufen
Zum Selbst; heiter schimmernd‘ Sternenseelen
Auf der ruhigen See des Lebens.

So soll niemals enden was begann.
Alle Dinge dauern, weil sie sind.
Tu was du willst, für jeder Mann
Und jede Frau ist ein Stern.
Pan ist nicht tot; es lebe Pan!
Reiss den Balken nieder!

Zum Menschen komme ich in seine Zahl
Die eines Mannes meine Zahl, Löwe aus Licht
Ich bin das Tier, sein Gesetz die Liebe ist.
Liebe unter Willen, sein königliches Recht
Blicke nach innen, und nicht nach oben –
Ein Stern in Sicht!

„Ein Stern in Sicht“ von Aleister Crowley
© der deutschen Übersetzung Marcus Mons (Nachlass)